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Gott segne dich!? – Was wir eigentlich meinen (sollten), wenn wir vom Segen sprechen.

erstellt am 24.04.2016 08:00:59

Wer kennt es nicht? Man erzählt einem guten christlichen Freund oder einer guten christlichen Freundin von den Problemen, mit denen man gerade zu kämpfen hat, und erhält im Gegenzug ein gutes und heilsames Gespräch sowie ein ernst gemeintes „Gott segne dich!“. Als Christen benutzen wir diese Segensformel ja recht häufig. Pastoren erbeten Gottes Segen für die Gemeinde am Ende des Gottesdienstes, Christen beenden Briefe mit einer ermutigenden Segensformel und christliche Buchläden scheinen vor allen möglichen Formen der Segenswünsche schier überzulaufen. Während der Trend bis vor kurzem irische Segenssprüche auf Postkarten mit satten Grüntönen favorisierte, sind verschiedene jüdische Segen aus Israel nun ganz stark im Kommen. Alles in allem ist der Segen daher offensichtlich beliebt.

Mir kommt bei all den Segenswünschen und Karten allerdings oftmals die Frage auf, was Christen nun eigentlich denken, wenn sie einander Gottes Segen wünschen und zusprechen. In bestimmten christlichen Buchhandlungen findet man mittlerweile ja auch Steine mit der Aufschrift „Gott begleite dich in diesem Stein“. Im schlimmsten Fall ist der Segen in einigen Mündern daher zum Talisman oder zur reinen Floskel verkommen. Dann wäre er eine Art ernst gemeintes, in religiöse Sprache verpacktes gutes therapeutisches Zureden. Vielleicht ist der Segen auch in einigen Buchläden im Sog des Kitsches ertrunken und dabei einen sattgrünen (oder auch wahlweise mit hebräischen Buchstaben verzierten) Tod gestorben. Wenn ich aber ehrlich mit mir selbst bin, war ich auch der mehr oder minder psychologisch-magischen Vorstellung vom Segen verfallen. Diese Vorstellung war psychologisch, weil der ausgesprochene Segenswunsch bei mir regelmäßig ein schönes „alles-wird-schon-irgendwie-gut“ Gefühl verursachte. Die magische Komponente kam dann noch hinzu, als der Segen (zumindest in meinen Gedanken) dann schon zu wirken schien, wenn man ihn einfach aussprach. Als ob Gott sich hier einem von mir diktiertem „wenn…dann“ Zusammenhang hingeben müsste: „Wenn ich meinem Freund Gottes Segen zuspreche, dann macht Gott schon irgendwie was.“

Eines Tages wurde ich dann gefragt, ob ich „Segen“ denn biblisch erklären könnte. Was ist eigentlich Segen? Wie kann man das bündig definieren? Ich musste damals zugeben, dass ich nicht wirklich wusste was das Wort „Segen“ eigentlich bedeutet. Irgendwas Gutes von Gott halt.

Wohin aber kann man gehen, wenn man nach einer guten Antwort auf die oben gestellten Fragen sucht? In Vorbereitung auf diesen Blogpost habe ich einige große theologische Wörterbücher gewälzt und dabei sehr abstrakte Worterklärungen zum Begriff „Segen“ gefunden. Weniges davon war wirklich hilfreich. Deshalb habe ich mir überlegt, eine kurze Erklärung zum bekanntesten Segen der Bibel zu schreiben. Im sogenannten „Aaronitischen Segen“ in 4. Mose 6,22-27 lesen wir:

Und der HERR sprach zu Mose:

„Sprich zu Aaron und seinen Söhnen: Auf diese Weise sollt ihr die Israeliten segnen! Sagt zu ihnen:

‚Der HERR möge dich segnen,
Er bewahre dich!

Der HERR möge sein Angesicht hell sein lassen über dir,
Er sei dir gn
ädig!

Der HERR möge sein Angesicht über dich erheben,
Er gebe dir Frieden!

Auf diese Weise sollen sie [Aaron und seine Söhne] meinen Namen über allen Israeliten setzen und Ich will sie segnen.“

Gott selbst erklärt Mose hier, wie die Priester das Volk Israel segnen sollen. Bevor ich einzelne Elemente dieses Aaronitischen Segens erklären werde (die alle Bestandteil des „Segens“ sind), will ich eine enorm wichtige Vorbemerkung nennen: Obwohl Aaron und seine Söhne mit dem Segnen des Volkes beauftragt werden, ist es Gott, der segnet („auf diese Weise sollen sie [Aaron und seine Söhne] meinen Namen über allen Israeliten setzen und Ich will sie segnen“). Somit führen Aaron und seine Söhne zwar die sichtbare Handlung aus, aber Gott ist die Quelle des Segens für sein Volk. Wenn wir also das nächste Mal jemandem Gottes Segen zusprechen (was wir ja dürfen, da wir im Neuen Bund alle Priester sind), dann sollten wir uns daran erinnern, dass wir lediglich Gottes Namen „über sie setzen“. Die Quelle des Segens bzw. der Segnende ist immer Gott selbst.

Was wird hier aber alles unter Segen verzeichnet? Worin besteht nun der Segen? Gott nennt vier Dinge:

  1. BewahrungBewahrung ist ein zentrales Anliegen eines jeden Menschen. Es geht darum, dass man nicht hungert, vor seinen Feinden sicher ist und einen Ort zum wohnen hat. In unserer Gesellschaft haben wir diesen so grundlegenden Aspekt göttlichen Segens oftmals vergessen, da die nächste Tiefkühlpizza ja nur höchstens 15 Minuten Autofahrt entfernt ist. Segen bedeutet Versorgung durch Gott. Das Essen auf unserem Tisch und unsere Arbeit sind große Segnungen, weil Gott uns bewahrt. Die Israeliten empfingen diesen Segen, als sie gerade 40 Jahre lang durch die Wüste wanderten und dabei täglich auf wundersame Weise mit Brot vom Himmel gespeist wurden.
  2. Gottes Angesicht scheint hell und steht über dem Empfänger des SegensEin Gesicht bzw. ein Angesicht ist in der Bibel nicht immer bloß Teil des Körpers. Während das Gesicht zu verbergen so viel wie „Ekel“ oder „Abscheu“ bedeutet (Jes 53,3), ist Gottes erleuchtetes Gesicht ein Zeichen von Wohlgefallen und Akzeptanz. Gleichzeitig ist hier Gottes Gegenwart in seinem Volk gemeint. Segen ist zutiefst mit dem Gedanken verbunden, dass man von Gott angenommen wird und in seiner Gegenwart sein darf. Für die Israeliten war das auf ihrer Wüstenwanderung teilweise sichtbar geworden, als Gottes Herrlichkeit mitten unter dem Volk im Heiligtum „einzog“ (2. Mo 40,31). Sind wir uns beim Segenswunsch darüber bewusst, dass wir anderen wünschen, dass sie von Gott angenommen sind? Ist es unser Verlangen, dass Gott diese Menschen annimmt?
  3. GnadeGnade bedeutet, dass man unverdient Gottes Erbarmen empfängt. Diese Gnade ist zutiefst mit dem oben genannten Angesicht Gottes (2. Mo 33,18-23) verbunden. Auch das wussten die Israeliten nur zu gut, denn sie hatten Gott am Berg Sinai die Treue gebrochen. Aber aus Gnade allein und durch Moses Gebet hat Gott das Volk erhalten. Der Segen ist immer auch das Zugeständnis, das wir Gottes Erbarmen brauchen. Segen ist daher nichts für stolze Menschen.
  4. FriedenFrieden bedeutet in der Bibel nicht nur, keinen Krieg zu führen. Das hebräische Wort für Frieden meint „Ganzheit“, „Sicherheit“, „das gute Leben“ und sogar „Wohlstand“. Die Israeliten waren auf dem Weg in das gelobte Land. In diesem Land floss „Milch und Honig“ und sie würden dort sicher vor ihren Feinden leben können. Gleichzeitig würde Gott dort mitten unter ihnen wohnen und sie würden dem Auftrag nachgehen, den Gott ursprünglich für die ganze Menschheit bestimmt hatte: Gottes Volk sein, auf Gottes Erde leben und unter Gottes Herrschaft regieren (1. Mo 1-2). Segen ist also nichts abenteuerlich Besonderes. Gesegnete leben das Leben, das Gott den Menschen ursprünglich zugedacht hat. Sie leben, wofür sie geschaffen wurden.

Was ist nun Segen? Gottes Segen zu erhalten oder zu erbitten bedeutet kurz, das „Leben im Überfluss“ zu empfangen. Das Schöne am Segen ist, dass er keine übermäßig kitschige oder spirituelle Sache ist, sondern uns als ganzen Menschen betrifft. Gottes Segen stillt nicht nur unseren körperlichen Hunger, sondern auch unseren Hunger nach Gott.

Was bleibt zu sagen? Vielleicht sollten wir das nächste Mal, wenn wir jemandem einem Segen zusprechen oder einen Segen zugesprochen bekommen, uns daran erinnern, dass es hier um das Leben im Überfluss geht. Es ist keine selbstwirksame Formel auf einer kitschigen Karte mit einem irischen Spruch. Gottes Segen ist echt. Jesus selbst ist gekommen, damit wir dieses Leben im Überfluss haben können. Er hat sein Leben dafür gegeben (Joh 10,10-11).

Möge Gott uns so segnen.


Literaturangabe:

  • Cole, R. Dennis. Numbers. Bd. 3B. The New American Commentary. Nashville: Broadman & Holman Publishers, 2000.
  • Hamilton, Victor P. „1782 פָּנָה“. Herausgegeben von R. Laird Harris, Gleason L. Archer Jr., und Bruce K. Waltke. Theological Wordbook of the Old Testament. Chicago: Moody Press, 1999.
  • Keller, C.A., „brk (I-III)“. Herausgegeben von E. Jenni und Claus Westermann. Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament. Bd. 1. München: Chr. Kaiser Verlag, 1984.
  • Oswalt, John N. „285 בָּרַך“. Herausgegeben von R. Laird Harris, Gleason L. Archer Jr., und Bruce K. Waltke. Theological Wordbook of the Old Testament. Chicago: Moody Press, 1999.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf josiablog.de und wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

von User305229

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