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Weniger Müll zu produzieren ist ein neuer Trend. Von der wiederverwendbaren Coffee-to-Go-Tasse bis hin zum festen Shampoo gibt es viele Möglichkeiten, Müll und ganz besonders Plastikmüll zu vermeiden.
Doch was bringt etwas und was bringt nichts? Diese Frage ist nicht immer leicht zu beantworten, daher habe ich einige Tipps, Hindernisse und Fehlinformationen zusammengefasst, die man zum Thema Plastikverzicht wissen sollte.
5 Mythen, die du in Bezug auf Plastikvermeidung am besten vergessen solltest
1. Einmalbesteck aus Bambus, Holz oder Mais ist eine ökologische Alternative zu Plastikgeschirr
Wenn dir auch schon dieser Gedanke gekommen ist, dann hast du dich an der Nase herumführen lassen. Denn auch wenn man es glauben mag: Weder ist die Herstellung dieses Bestecks klimaneutral, noch lassen sie sich einfach so kompostieren. Die ökologischste Alternative zu richtigem Geschirr ist wiederverwendbares hochwertiges Plastikgeschirr.
Jede Einweglösung − so ökologisch sie auch klingen mag − ist letztlich schlecht für die Umwelt.
Übrigens besteht auch wiederverwendbares Bambusgeschirr oft nur zu einem Teil aus Bambus, der Rest besteht aus Kunststoffen. Diese sind durch die Verbindung mit dem Bambus nur schwer wiederverwertbar und damit kaum besser als Alternativen aus reinem Plastik. Sie sind aber immer noch eine bessere Option als Einweggeschirr.
2. Produkte aus Glas sind ökologisch und nachhaltig
Tatsächlich ist Glas ein super Rohstoff, der sich einschmelzen und wiederverwerten lässt. Aber alle Einwegartikel aus Glas sind trotzdem pfui. Es wird viel Energie benötigt, um eine Glasflasche herzustellen. Außerdem fließt noch einmal viel Energie ins Einschmelzen und Recyceln von Glas.
Gläser und Glasflaschen sind nur dann ökologischer als Plastikbehälter, wenn sie per Mehrwegsystem gereinigt und neu befüllt werden.
Selbst hier gibt es Ausnahmen: Da Milchflaschen sehr aufwändig gereinigt werden müssen, haben sie auch als Mehrwegflasche eine schlechte Ökobilanz. Hier ist der Tetrapak die bessere Wahl.
3. Unverpackte Kosmetik ist teuer, als Konzept nicht ausgereift und kann mit verpackter Kosmetik nicht mithalten
Diese Annahme ist Blödsinn. Wahr ist allerdings, dass es oft noch an guten unverpackten Kosmetikprodukten mangelt. Auch verhält sich „nackte“ Kosmetik völlig anders als verpackte Kosmetik. Bei Sommertemperaturen kann sie leiden – besonders wenn ein hoher Anteil an Ölen enthalten ist, wie es bei Gesichts- oder Körpercremes der Fall ist. Deswegen verwende ich solche Produkte in begrenzter Menge und nicht unterwegs.
Zudem können Anwendung und Inhaltsstoffe von den regulären Produkten abweichen. Unverpackte Zahnprodukte in Drageeform etwa enthalten selten Fluorid. Daher benutze ich sie bewusst nicht. Es ist daher sinnvoll, wenn du dir überlegst, bei welchen Produkten du dir eine unverpackte Lösung vorstellen kannst und bei welchen nicht.
Ich rate dazu, sich immer im Vorfeld über die genaue Anwendung unverpackter Produkte zu informieren und diese zu testen, bevor man gänzlich darauf umstellt.
Der Preis hingegen ist längst kein Argument mehr. Feste Shampoos und Duschstücke findest du mittlerweile fast in jeder gut sortierten Drogerie, oft schon zu kleinen Preisen. Und selbst wenn sie doch etwas hochpreisiger sind, gerade unverpackte Waschstücke halten oft lange. Viel länger als reguläres Duschgel oder Shampoo.
Ein festes Kosmetikprodukt bekommst du übrigens nahezu überall. Es ist nicht teuer und ist seit weit über 2 000 Jahren erprobt – die Seife. Schon wenn du von Flüssigseife auf richtige Seife umstellst, sparst du im Jahr einiges an Verpackung.
Ich persönlich nutze gerne, aber ausgewählt unverpackte Kosmetik. So wasche ich mir die Hände seit Jahren nur noch mit Seife am Stück. Anderes hat sich in der Praxis für mich nicht bewährt, aber es war ein spannender Prozess, das auszuprobieren.
4. Ich brauche kein Plastik einzusparen, schließlich wird Plastikmüll in Deutschland recycelt
Generell wird Plastikmüll in Deutschland tatsächlich recycelt. Aber wusstest du, dass nur etwa 40 Prozent des Plastikmülls wirklich recycelt und damit wiederverwertet werden?
Der Großteil unseres Plastiks wird verbrannt. Das geschieht zur Energiegewinnung und ist damit streng genommen auch Recycling.
Aber verbranntes Plastik ist in Bezug auf unsere Umwelt nichts, was wir bejubeln sollten. Außerdem kann einiges an Plastik gar nicht wiederverwertet werden, zum Beispiel weil es mit anderen Stoffen verbunden ist.
Beim Joghurtbecher etwa ist es wichtig, dass der Aluminiumdeckel vom Plastik getrennt wird, damit beide Stoffe von der Sortieranlage erkannt und wiederverwertet werden können. Auch schwarzes Plastik wird von manchen Sortieranlagen schlecht erkannt. Daher lohnt es sich, deinen Plastikverbrauch in jedem Fall einzuschränken.
5. Papier- oder Stofftüten sind besser als Plastiktüten
Auch hier gilt die Aussage nur mit Einschränkung. Eine widerstandsfähige, stabile Leinen- oder Baumwolltasche ist super. Allerdings muss ein Stoffbeutel nach Schätzungen über 100 Mal verwendet werden, um eine bessere Ökobilanz zu haben als eine Plastiktüte.
Sprich, wenn du einen Stoffbeutel kaufst, solltest du den möglichst auch immer dabei haben. Daheim nützt er nichts – außer vielleicht zur Beruhigung deines schlechten Gewissens. Ganz schlecht sind übrigens Einwegpapiertüten.
Ob also Stoffbeutel, Papier- oder Plastiktüte, je öfter du es verwendest, desto ökologischer ist es.
3 Hindernisse, die du in Bezug auf Plastikverzicht überwinden kannst
1. Du hast eine Allergie oder Lebensmittelunverträglichkeit
Ein Einkauf im Unverpackt-Laden ist kein guter Tipp, wenn man stark unter Allergien oder Lebensmittelunverträglichkeiten leidet. Denn wie kann ich sicher sein, dass im Spender für Mandeln nie Haselnüsse gelagert wurden, gegen die ich allergisch bin?
Als Zöliakiepatientin weiß ich, wie genau man bei Allergien und Unverträglichkeiten aufpassen muss. Auch wer nur auf Lactose verzichten muss, findet eventuell nicht die lactosefreie Biomilch, die er sucht, sondern muss zwischen dem wählen, was sich ihm bietet.
Wichtig ist dabei, dass du einerseits deine Erkrankung ernstnimmst und nie um der Umwelt willen Dinge tust, die du als unsicher oder potenziell gefährlich einstufst.
Andererseits solltest du dich aber von solchen Einschränkungen nicht ins Bockshorn jagen lassen. Du magst vielleicht nicht im Unverpacktladen Nudeln oder Nüsse einkaufen können, aber Haarseife oder Zahnpastatabs gehen sehr wohl.
Außerdem haben Unverpackläden strenge Hygienekonzepte. Die Behälter müssen intensiv gereinigt werden, bevor neue Ware eingefüllt wird. Wenn du im Laden deine Bedenken offen ansprichst und nach dem tatsächlichen Risiko für deine Gesundheit fragst, erlebst du vielleicht, dass du manches falsch eingeschätzt hast. Mir selbst wurde schon oft weitergeholfen und ich konnte am Ende doch ein Produkt kaufen, bei dem ich zunächst unsicher war.
2. In deiner Stadt gibt es keine Möglichkeit, Lebensmittel oder Kosmetik unverpackt einzukaufen
Eins vorneweg: Diese Aussage stimmt vermutlich nicht beziehungsweise nur bedingt. Obst und Gemüse kriegst du fast überall auch unverpackt. Vielleicht nicht alle Sorten; vielleicht nicht in jedem der drei Supermärkte in deiner Stadt. Aber es gibt immer Möglichkeiten, Müll zu reduzieren.
Wenn dein Metzger sich weigert, den Aufschnitt in deine Tupperdose zu tun; wenn es keinen Unverpacktladen in der Nähe gibt und du Reis, Mehl und Nudeln verpackt kaufen musst, tröste dich: Das tue ich auch noch.
Dass man ein plastikfreies Leben nicht vollständig umsetzen kann, ist kein Grund, Plastikmüll nicht zu reduzieren. Also tu, was du kannst, und ärgere dich nicht über das, was (noch) nicht möglich ist.
Bei Produkten, die du langfristig nutzt, bietet der Besuch in einer anderen Stadt oder Onlineshopping die Möglichkeit, die Produkte zu finden, die du suchst.
3. Auf Plastikmüll zu achten ist unbequem
Dieses Hindernis ist so selbsterklärend und einleuchtend, dass ich fast nicht darauf gekommen wäre. Aber tatsächlich ist unsere Bequemlichkeit der häufigste Grund, wieso wir Dinge, die wir für richtig halten, nicht tun.
Besonders bei Lebensmitteln wird das deutlich. Je häufiger ich Produkte fertig zubereitet kaufe, desto mehr Müll produziere ich. Kaufe ich aber frische Lebensmittel statt Fertiggerichte reduziert allein das schon meinen Müll. Oder ich möchte lieber alles im Supermarkt besorgen, statt frische Produkte unverpackt auf dem Markt oder im Bioladen zu holen. Wieder steht meine Bequemlichkeit meinen guten Vorsätzen entgegen.
Doch wenn wir uns klar machen, dass uns oft nur unsere eigene Faulheit von unseren Zielen trennt, sind wir meist schon einen Schritt weiter.
Wo verzichtest du auf Plastik und welchen Hindernissen begegnest du bei der Müllreduktion? Erzähl mir davon in den Kommentaren.
Rebecca Schneebeli
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Quelle: Nur plastikfrei reicht nicht