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Letztes Jahr war ein besonderer Geburtstag: Ich bin sechzig geworden! Als ich noch zwanzig war, waren Leute mit sechzig für mich uralt. Und jetzt bin ich selbst in diesem Alter. Komisch, ich fühle mich gar nicht so alt, denn ich stehe noch mitten im Leben, sozusagen in „voller Blüte“.
Im Gespräch mit Gleichaltrigen merke ich, dass dieses Alter für die meisten eine Zäsur im Leben ist. Irgendwie gehört man nicht mehr zu denen, die mit vollen Kräften im Berufs- und Familienalltag stehen. Stattdessen tauchen Themen auf wie „Krankheit im Alter“ oder „Ruhestand“.
Falls man jemals einen Lebenstraum gehabt haben sollte, so scheint dieser nun endgültig ausgeträumt zu sein. Das dachte ich auch, doch es kam alles anders.
Ist der Traum gestorben?
Mein Vater war ein begeisterter Fotograf. Durch seine Tipps lernte ich, was das Geheimnis eines guten Fotos ist. Seine Begeisterung schwappte schon in jungen Jahren auf mich über und so wollte ich Fotografin werden. Nach dem Schulabschluss bewarb ich mich in einem Fotogeschäft und erhielt eine Zusage. Einziger Nachteil: Sie wollten kein Gehalt zahlen.
Das war dann letztendlich der Grund, warum ich mich gegen diese Ausbildung entschieden habe – und somit auch gegen meinen Traumberuf. Ich absolvierte mehrere Ausbildungen.
Aber in meinem Herz blieb doch immer dieses leise Sehnen.
Ich kompensierte es, indem ich Fotos mit dem Smartphone machte. Überall entdeckte ich die wunderschönsten Motive, wie zum Beispiel eine traumhafte Landschaft bei Sonnenaufgang, die in pastellfarbenes Licht getaucht ist. Oder ein Pfauenmännchen, das sein Rad aufspannt und die schillernden Federfarben von der Sonne zum Leuchten gebracht werden.
Im Laufe der Zeit fragte ich mich immer wieder, ob ich damals nicht zu schnell aufgegeben habe? Wenn man einen Traum hat, lohnt es sich doch, dafür zu kämpfen, oder? Wenn ich ehrlich bin, habe ich bewusst oder unbewusst nicht nach der Antwort gesucht. Vielleicht, um den Schmerz über den Verlust nicht zu spüren.
Was mein Herz sich wünscht
Es gibt eine Bibelstelle, die ausdrückt, dass Gott sich freut, wenn wir unsere Sehnsüchte und Träume mit ihm teilen: „Habe deine Lust am Herrn, der wird dir geben, was dein Herz wünscht“ (Psalm 37,4).
Viele Jahre hatte dieser Vers keine besondere Bedeutung in meinem Leben. Ich wusste gar nicht mehr, was mein Herz sich wünscht, da mein Traum im Laufe der Jahre und Jahrzehnte irgendwie auf der Strecke geblieben war. Doch vor etwa 5 Jahren kam ich, bedingt durch einen Burnout, an den Punkt, mir viele der schmerzhaften Themen meines Lebens anzuschauen.
In dieser Zeit erlebte ich einen ganz anderen Gott, als ich ihn bisher kannte. Einen Gott, der Interesse an meinem Leben hat, der mit mir durch den Schmerz geht und es liebt, wenn ich ehrlich vor ihm werde. Der mit mir eine tiefe Beziehung haben möchte und in der Lage ist, mein Herz zu heilen. Und genau das durfte ich erleben!
Ich begann, mir viel Zeit für ihn zu nehmen und morgens sehr früh aufzustehen, um einfach in seiner Gegenwart zu sein. Ganz zweckfrei. In diesen Zeiten sprach ich mit ihm über all das, was mich wirklich ausmachte und was meine Wünsche und Sehnsüchte waren.
Und bei so manchem Gebetsspaziergang bei Sonnenaufgang, wenn mein Herz wieder mal vor Freude zu zerspringen drohte angesichts der Schönheit der Natur, da tauchte mein Traum wieder auf: Ich möchte Fotografin werden!
Was ich nicht mehr für möglich hielt
Anfang letzten Jahres, dem Jahr, in dem ich 60 wurde, bekam ich die Auszahlung einer Versicherung. Ich überlegte mir, dass ich entweder einen schönen Urlaub machen oder mir eine hochwertige Kamera zulegen wolle. Ich entschied mich für die Kamera. Und damit begann die Reise!
Ich bat einen fachkundigen Kollegen, ob er mir eine Kamera empfehlen könne. Kaum gesagt, schon breitete er sein komplettes Kameraequipment auf einem großen Tisch aus und ich lernte eine völlig neue Welt kennen. Voller Begeisterung erklärte er mir all die Möglichkeiten, die man mit einer modernen digitalen Kamera hat. Ich hingegen verstand nur Bahnhof.
Trotzdem kaufte ich mir die empfohlene Kamera und zog los, um Bilder zu machen. Ich kam mir ziemlich hilflos und überfordert vor angesichts all der Einstellungen, die man machen musste, bevor man auf den Auslöser drückt. Doch mit der Hilfe meines Kollegen wuchs ich mehr und mehr hinein in die digitale Fotografie.
Heute, ungefähr ein Jahr später, kenne ich mich schon recht gut aus mit den vielen Möglichkeiten, die meine Kamera bietet. Meine Ausrüstung habe ich um einiges erweitert und trainiere, was das Zeug hält. Geschult werde ich weiterhin von meinem Kollegen. Mittlerweile gehört die Fotografie sogar zu meinem Job im ERF, für den ich hin und wieder Fotos machen darf.
Teile mit Gott deinen Traum
Wenn ich darüber nachdenke, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Manchmal muss ich mich kneifen, um mir bewusst zu machen, dass hier tatsächlich mein Lebenstraum Realität geworden ist und ich im Alter von 60 Jahren noch das professionelle Fotografieren lernen darf!
Hinter allem erkenne ich Gottes unglaubliche Freundlichkeit und Güte. Ich bin überzeugt, dass Jesus mich und meinen Traum nie vergessen hat, obwohl es ganz anders gekommen ist, als ich es mir damals gewünscht hatte.
Es hat viele Jahre gedauert, aber ich glaube, all das, was ich gerade erlebe, hat Gott schon vorbereitet und all die Dinge so geführt, dass sich eine Tür nach der anderen öffnet, sodass ich meinen Lebenstraum endlich leben darf. Und ich habe erfahren: Bei Gott gibt es kein „zu spät“.
Vielleicht hast auch du einen Lebenstraum, der noch nicht Wirklichkeit werden konnte. Dann möchte ich dir Mut machen: Jesus kennt deine Träume und Sehnsüchte und du darfst sie ihm anvertrauen. Bewege deinen Lebenstraum noch einmal ganz neu vor Jesus. Wer weiß, vielleicht öffnet sich doch noch eine Tür, mit der du nicht mehr gerechnet hast.
Ruth Schneider
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Quelle: Lebenstraum mit Verfallsdatum?